Montag, 29. August 2016

Geheimfach


















Wer
  • etwas Geduld, 
  • ein schlechtes, gebundenes Buch, 
  • Papierleim,
  • Klebstoff,
  • Lineal,
  • Bleistift und 
  • eine Schneidfeder (evtl. geht auch ein scharfes, stabiles Messer, ein Schnitzmesser z.B., aber keinen "Cutter"!)
hat, kann sich ein spitzenmäßiges Geheimfach in einem Buch basteln. Durch Aushöhlen.

Erstmal nehmt ihr alle Seiten einschließlich der beiseite, die ihr zum Schluss als Show-Seite für die Öffnung haben wollt. Bei mir war das die, wo der Herr Oberrechnungsrat Degen seinen Angeberstempel falschrum reingehauen hat. So was muss erhalten bleiben.

Bevor es jetzt weitergeht und alle Buchliebhaber das kalte Grausen kriegen: Ich habe lange gesucht, bis ich ein Buch hatte, das hübsch gebunden war und dabei echt schlecht war. "Bissula" ist künstlerisch gesehen Massenware, und inhaltlich völkischer Müll voller heldenhafter Germanen (mit zu wenig Lebensraum) und dekadenter Römer, die dem schwachen Christengott huldigen. Sogar ein bisschen Antisemitismus hat der Autor da noch reingeprökelt. Trotzdem - der Druck war sehr schön, das Papier hochwertig, und dann war es halt alt - so ganz leicht gefallen ist mir das auch nicht.

Dann streicht ihr alle darunterliegenden Seiten am Schnitt sorgfältig mit Papierleim an.


Zum Trocknen packt ihr einen kleinen Schreibblock oder was anderes dazwischen, das verhindert, dass der Buchblock an den losen, oberen Seiten festklebt, und beschwert das Buch zum Trocknen. Mit anderen Büchern oder so.


















Wenn es gut getrocknet ist, zeichnet ihr auf die erste Seite des geleimten Blocks ein Viereck in der gewünschten Größe der Öffnung auf.
Sollte euer Buch wie meins alt und schief verzogen sein, macht die lieber nicht zu groß.























Dann könnt ihr anfangen, die Seiten auszuschneiden. Für die ersten paar Schnitte solltet ihr das Lineal anlegen, damit die auch gerade werden.


















Ungefähr in dieser Tiefe wisst ihr dann auch, weshalb ihr eine Schneidfeder oder dergleichen braucht und kein Teppichmesser/Cutter, also die Dinger mit den herausschiebbaren Klingen zum Abbrechen. Bei denen ist die Klinge ja naturgemäß ganz kurz, und mit dem Griff macht ihr die oberen Seiten kaputt. Und bringt euch vor Mühe halb um.


















Das Schneiden ist nämlich eine langwierige und ziemlich anstrengende Arbeit. Unterschätzt das nicht.
Ich hab tatsächlich Muskelkater im linken Arm bekommen - also in dem, mit dem ich das Buch beim Schneiden festgehalten hab.























Vor allem oben rechts könnt ihr gut sehen, was das Teppichmesser anrichtet.

Und tröstet euch, wenn's nicht 100%ig gerade wird: Hab ich auch nicht geschafft. 

Nach ein paar Stunden Arbeit habt ihr irgendwann unten das Vorsatzpapier erreicht. Herzlichen Glückwunsch.


















Jetzt streicht ihr auch die Innenseite der Öffnung mit Leim an (wenn was locker geworden sein sollte, den Schnitt auch noch mal), lasst alles wieder gut beschwert trocknen und klebt die Show-Seite über die Öffnung. Das hab ich mit Klebstoff gemacht.


















Dann schneidet ihr ganz vorsichtig die Show-Seite auch aus, und jawoll - jetzt seid ihr fertig.























Das Tolle ist, es sieht wirklich immer noch aus wie ein echtes, vollständiges Buch.


















Von allen Seiten. Das hier sieht nur so schief aus, weil das Buch über 130 Jahre alt war.

Und da könnte ihr jetzt Bargeld, Datensticks, Schlüssel, Brillantdiademe, oder was auch immer Mutti sonst nicht wissen darf drin aufbewahren.
Im Bücherregal versteckt findet das kein Mensch.


















Also - außer meins jetzt, weil's im Internet steht.
Mist!

5 Kommentare:

  1. Klasse Geheimfach :D!

    Allerdings stelle ich mir das schwer vor, mit dem Federmesser das Buch innen auszuhöhlen. Das sieht so aus als würde ich das mit meinen beiden linken Händen und meiner Ungeduld nicht hinbekommen ;).

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    1. Großartige handwerkliche Fähigkeiten braucht man eigentlich nicht, aber Geduld leider schon. ;-)

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  2. Sehr schick - und ich finde auch, Schundbücher darf man ruhig schlachten.

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  3. Sehr, sehr toll!
    Ich war von solchen Verstecken schon immer begeistert, wie in einem Kriminalroman, so cool!

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  4. "Allen braven Schwäbinnen" ist aber eine schöne Widmung :D

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