Nein, es ist kein Haustier gestorben.
Gestern morgen habe ich vor dem Supermarkt, zwischen Bundesstraße und Parkplatz, eine junge Ratte gefunden, die etwas orientierungslos wirkte. Sie rannte auch nicht vor mir weg, sondern blieb einfach sitzen. Das ist kein gutes Zeichen, also habe ich sie eingefangen und nach kurzem Nachdenken mit nach Hause genommen. Sie hat sich schon ein bisschen gewehrt und mich auch wacker in die Hände gezwickt, wirkte aber doch eher schwach. Offensichtlich verletzt, von Parasiten befallen oder krank war sie aber nicht.
Nebenbei: Auch wenn ausgewachsene Ratten nicht jedermanns Ding sind - als Jungtiere sind sie einfach putzig. Schwarze Knopfaugen, große Öhrchen, weiches, seidiges Fell, wirklich unwiderstehlich.
Daheim habe ich sie erstmal in einen sauberen Putzlappen gesetzt, wo sie sich sofort beruhigt hat, und ihr dann ein Notbehelfsheim im Schuhkarton gebastelt.
Der Deckel mit den Luftlöchern wäre nur für den Weg zum Tierarzt gewesen. Die kleine Ratte hat sich in ihrem Putzlappen unter dem kleinen Karton eingerollt. Wasser und ein paar Snacks habe ich auch reingestellt, und dann vorsichtshalber alles in der Badewanne untergebracht.
Meine Hoffnung war, dass sie sich nach ein paar Stunden oder Tagen wieder erholt, munterer wird und ich sie an einem sicheren Ort wieder in die Wildnis entlassen kann. Aus der Badewanne hätte sie nicht so schnell entfliehen können, und außerdem war so sichergestellt, dass sich irgendwelche Flöhe oder Milben (die eigentlich alle Wildtiere haben) nicht in unserer Wohnung verkrümeln.
Um auszuschließen, dass die kleine Ratte doch krank oder verletzt ist, hätte ich sie gerne zum Tierarzt gebracht, aber der hatte am Brückentag natürlich Urlaub.
Und um auszuschließen, dass die Ratte mich durch die (allerdings sehr oberflächlichen) Bisswunden mit irgendwas infiziert hat, wäre ich auch gerne zum Arzt gegangen... aber genau: Urlaub. Mit den Öffis in die Notaufnahme zu gondeln, um Leuten mit echten Problemen noch längere Wartezeiten zu bescheren, war auch keine Option, also habe ich meine Hand selbst desinfiziert und hoffe das Beste. Und ja, sollte sich irgendwas entzünden oder ich mich sonstwie krank fühlen, werde ich sofort zum Arzt gehen.
Tierbisse, ob von Hund, Katze oder sonstwas sind immer ernstzunehmen, und bei Ratten kommt erschwerend hinzu, dass man sich mit einer Krankheit infizieren kann, die zu sehr schweren Komplikationen führen kann, dem Rattenbissfieber.
Zurück zur Ratte:
Sie hat ihr improvisiertes Häuschen leider nie wieder verlassen und ist nach ein paar Stunden eingegangen.
Ich war schon ein bisschen traurig, weil es immer schade ist, wenn so ein junges Tier stirbt.
Wenn ich beim Spazierengehen tote Mäuse, Vögel oder Spitzmäuse finde, die dem Straßenverkehr, Raubvögeln oder Katzen zum Opfer gefallen sind, nehme ich sie beherzt an Schwanz oder Flügel und werfe sie irgendwo in die Botanik. So hat irgendein Aasfresser zumindest noch ein tolles Abendessen.
Aber ich wusste ja nun nicht, woran meine Ratte gestorben war. Vielleicht hatte ein Auto sie angefahren und sie hatte innere Verletzungen, vielleicht war sie aber auch krank. Und in dem Fall sollte sie vielleicht besser niemand fressen.
In Deutschland ist bekanntlich alles geregelt, also auch, was mit Tierkadavern machen darf. Tote Kleintiere kann man ganz legal in den Hausmüll werfen, aber das hab ich nun doch nicht übers Herz gebracht. Einfach im Wald oder auf der Wiese verbuddeln ist nicht erlaubt, aber auf dem eigenen Grundstück darf man.
Also habe ich meiner kleinen Ratte die vermutlich schönste Beisetzung gegönnt, die eine wilde Ratte jemals in Elzach bekommen hat: Ein ordentliches Loch gebuddelt, Ratte hinein, wieder zugeschaufelt, alles gut festgeklopft und ein Sträußchen Wildblumen als Abschiedsgruß obendrauf... nun nagt sie im Rattenhimmel auf ewig an guten Sachen!