Dienstag, 1. März 2016

Schwerter zu Pflugscharen - Hechte zu Fischfrikadellen

Auf (für mich) kulinarisches Neuland habe ich mich mit "From Farm to Grill", Edition Rösle, begeben:
























Vielen Dank dem Verlag Rösle für das Renzensionsexemplar und BloggdeinBuch für die Vermittlung!

Hinter dem etwas ungelenken und aus unerfindlichen Gründen englischen Titel verbirgt sich ein schön gestaltetes, großes Hardcoverbuch mit vielen gekonnt rustikal wirkenden Fotografien und viel Text. Die Rezepte selber machen eher einen kleinen Teil davon aus, mehr Gewicht wird auf die vorgestellten Köche und Produzenten gelegt. Es wird informiert, geplaudert und vor allem viel fotografiert, wie man das sonst von Lifestyle-Zeitschriften kennt.
Dabei liegt der ausdrückliche Schwerpunkt übrigens auf nachhaltiger und verantwortungsbewusster Produktion von Lebensmitteln.

Dazu mein größter Kritikpunkt: Gerade ein solches Buch muss man doch nun nicht notwendigerweise in einem riesigen Karton mit gefühlten 10 Metern Packpapier versenden, oder?


















Weil ich selber nicht grille, habe ich das Buch vertrauensvoll an den Captain weitergegeben, den man als Hobbygrillmeister mit Ambitionen bezeichnen kann.
Der hat sich brav am letzten Wochenende (also Ende Februar... brrr... aber dafür darf er ja das Buch behalten) auf den Balkon gestellt und drei Gerichte probegegrillt.

Ich übergebe das Wort also mal an den Tester.
 
Gang Nummer 1:
Koteletts vom glücklichen Schwein mit geschmortem Kürbis, Orange und Kümmel (Buch Seite 76) - ist gut gelungen trotz "nur" Elektrogrill. Das tolle Fleisch vom Metzger zahlte sich mal wieder aus. Die Beschreibung ist verständlich und es lässt sich leicht nachbruzzeln. Mit ein bisschen mehr Power vom Grill würde vermutlich der Orangensaft auch noch etwas mehr reduzieren.

Original

... und Fälschung



































Gang Nummer 2:
(Falsches) Ziegenkotelett, Tomate und Kartoffel (Buch Seite 50) - "Falsch", weil ich keine Ziege bekommen habe und statt dessen Lamm verwendet habe. Beim Tomatensalat habe ich dann konsequenterweise auch geschummelt und anstelle von "Knuthenlunder Weißkäse" (so etwas wie ein Ziegenfeta, dachte ich) auf Schafsfeta gewechselt. Und einen "Knuthenlunder Schafsjoghurt" werde ich hier ja wohl auch nicht bekommen. Mal abgesehen, dass einige Zutaten nicht so leicht, zumindest nicht spontan, zu bekommen sind, ist das Gericht, wie ich es zubereitet habe, mein Favorit. (Trotz oder wegen Lamm...) Kartoffel-Blumenkohlsalat habe ich am Vortag zubereitet und über Nacht auf dem Balkon ziehen lassen und der Tomatensalat ging auch ganz schnell.

Original

















...und Fälschung



















Gang Nummer 3:
Äpfel (fast) aus dem eigenen Garten mit Blutwurst und Röstbrot (Buch Seite 78) - Naja, wir haben eben keinen Garten, also waren das Äpfel aus dem Discounter. Der Rest war simpel, geschmacklich auch gut (hatte ein bisschen was von "Himmel un Äd" und das mögen wir ja) aber eigentlich waren wir für ein objektives Urteil etwas zu satt. Die Zubereitung klappte so wie im Buch beschrieben.

Orignal

... und Fälschung



































Jetzt aber noch zum Rest des Buches:
Ich glaube, das richtet sich vorrangig an ambitionierte Amateure. Die Gerichte, die ich herausgepickt habe, lassen sich problemlos nachgrillen. Man sollte dazu aber tatsächlich schon ein bisschen Erfahrung haben, da ein verpasster Garpunkt einfach zu schade für das Grillgut und damit den Genuss ist. Und dann gibt es zahlreiche (!!) Gerichte, die darauf setzen, dass Fleisch mit Gewürzen vakuumiert über lange Zeit (bis zu 12 Stunden) in eigenem Sud garen und dann im Anschluss für die Farbe auf den Grill kommen. Das erste nennt sich "Sous-Vide-Garen" und es gibt dafür auch eigene Geräte, die die Temperatur über eine so lange Zeit konstant halten können. So etwas haben wir aber natürlich nicht. Vor den Gerichten mit indirekter Hitze hatte ich ja ein bisschen Bammel (wegen Elektrogrill, der nur direkt kann), aber dadurch, dass der niemals die Temperaturen eines Kohlefeuers erreicht, war das eigentlich kein Problem - und bei Gas und Kohle lassen sich direkte und indirekte Bereiche einrichten.

Ein paar Schmankerl aus dem Buch:
 
Ein toller Hecht.























Da gibt es ein Foto mit einem Fischer vom Tegernsee, der einen riesigen Hecht aus dem Wasser gezogen hat. Im Begleittext heisst es dazu , dass sie aufgrund der zahlreichen Gräten einen zu hohen Aufwand in der Verarbeitung bedeuteten, mit der richtigen Schnitttechnik ließen sie sich aber gut zu Fischpflanzerl verarbeiten... Schwerter zu Pflugscharen und Hechte zu Fischfrikadellen!

(Etwas Dekadenz muss wohl immer sein. So einen Brummer würde ich doch schwimmen lassen. Vor allem bevor ich Klopse draus mache!)

Der Schweinezüchter Frans de Rond zu seinen Livar-Schweinen:" Sie haben viel Platz, sind immer draußen, haben ein Bettchen aus Stroh in ihrem Stall und können den ganzen Tag essen, trinken, spielen und wühlen, so viel, so lange und so oft sie wollen." - Ich werde in meinem nächsten Leben Livar-Schwein!!

Ich auch.
Also - ich hätte dann gerne das glückliche Schwein mit den Salaten von Gang 2 und als Nachtisch die Bratäpfel ohne Blutwurst... aber zurück zum Buch!

Zusammenfassend überwiegen für mich die positiven Seiten. Kein praktisches, übersichtliches Rezeptbuch, aber als Geschenk für den passionierten Grillfreund mit der nötigen Kohle (hey, Wortwitz!) bestimmt ein schönes Geschenk.

6 Kommentare:

  1. Also unter diesem Titel hätte ich mir nichts vorstellen können und die Beschreibung finde ich auch irgendwie ungewöhnlich. Aber auf die Art von Fotos stehe ich total! :D

    Dennoch: Wohl kein Kochbuch für mich. ^^

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    1. Also die Bilder sind teils echt sehr schön, teils aber für meinen Geschmack zu dunkel/zu rustikal, um appetitlich zuwirken. Und von den teilnehmenden Köchen, Produzenten und deren Familienangehörigen hätte ich jetzt auch nicht so viele Portaitfotos gebraucht. ;-)

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  2. Auf dem letzten Bild ist außerdem noch ein Fisch mit drauf :)

    LG el capitán

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  3. Aus irgendwelchen Gründen (wegen "Neuland"?) dachte ich immer, das Buch wäre in Neuseeland produziert und habe überlegt, on die Lammkeule neuseeländisch sein muss usw. Durch den Titel ist mir irgendwie nicht klar geworden, dass es ein heimatliches Produkt ist.
    Aber wenn ich es in einer Buchhandlung sehe, werde ich mal einen Blick rein werfen. Wir grillen gerne :) bzw. kochen gerne draußen.

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    1. Ich hab auch überlegt, ob das irgendeinen Sinn hat. "Vom Hof auf den Grill" klänge ja auch nicht schlechter.

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