Freitag, 30. Januar 2015

Lesefutter Januar

Dieses Jahr, habe ich beschlossen, gibt es wieder regelmäßiges Lesefutter hier. Zumindest, bis das Wetter schöner wird.

 
















- Neil Gaiman: The Ocean at the End of the Lane

Von Herrn Gaiman hab ich jetzt schon eine Handvoll Bücher gelesen. Ich fand die meisten so... mittel. Ihm fällt schon was ein, schreiben kann er auch, aber irgendwie fehlte mir immer so das gewisse Etwas. The Ocean at the End of the Lane hat es auch nicht zu meinem absoluten Lieblingsbuch geschafft, aber schlecht ist es nicht.
Was Gaiman immer wunderbar kann, ist eine phantastische Parallelwelt überzeugend ganz in der Nähe der realen Welt anzusiedeln. Das gelingt ihm hier auch wieder. Das Tor ist einerseits eine gemütlich-altmodische Farm, andererseits die Phantasiewelt von spielenden Kindern. Leider liegt da auch eine Schwäche des Buchs: Die Hauptperson ist ein siebenjähriger Junge, der fast durchgehend zu erwachsen wirkt. Wäre das Kind 10 oder 11, würde man ihm seine Gedankengänge und sein Verhalten eher abkaufen. Aber dann würde die Handlung vielleicht nicht mehr so richtig passen. Die ist übrigens vielleicht auch kein Ausbund an Originalität, aber doch spannend genug, um einen nicht zu langweilen. Es geht um zerstörtes Vertrauen des Kindes in die Eltern und das Bewusstwerden der eigenen Ohnmacht, aber auch um den Wert von Phantasie, Freundschaft und Mut. Ganz süß (aber eher bittersüß als zuckersüß): eine Randgeschichte um den Jungen und seine Katze.
Das Buch ist denke ich für Jugendliche so ungefähr ab 14 geeignet, aber man kann es auch als Erwachsener gut lesen.


- Carlos Ruiz Zafón: Der Mitternachtspalast

Das Buch hatte ich mir völlig anders vorgestellt. Das wirklich hübsche Cover (hey, da sitzen Kormorane auf einem verfallenen indischen Wasserpalast!) hat mich in die Irre geführt. Sieht doch aus als ginge es da um verlorenen Reichtum und sozialen Umbruch, vielleicht auch um schlimme Sachen wie Hunger, Prostitution oder Missbrauch… so was in der Art. Jedenfalls etwas Poetisches.
Das Buch gibt es aber auch mit einer brennenden Lokomotive als Covermotiv. Passt viel besser, denn niemand würde das kaufen und dann was Ernsthaftes erwarten.
Es ist nämlich meiner Meinung nach kein Roman für Erwachsene, sondern ein Jugendbuch. Die Hauptpersonen sind alle 16 Jahre alt und in einem Waisenhaus aufgewachsen (und Waisenhäuser sind eigentlich immer ein schlechter Anfang für Geschichten).  Dann wurden auch noch mal wieder Zwillinge direkt nach der Geburt getrennt, um sie vor ihrem Vater zu retten, der nämlich ganz ein Böser geworden ist… ja, ganz genau wie bei Star Wars, nur nicht so unterhaltsam.
Die Handlung ist sprunghaft, aber ziemlich langweilig, der Schreibstil schwülstig, für die Charaktere hat sich der Autor leider zu wenig Zeit gelassen, und dann gibt es auch noch einen Geisterzug, eine Höllenmaschine und das Haus eines verrückten Erfinders. Ich weiß nicht, ob mir das gefallen hätte, als ich 11 war. Kann durchaus sein (kann aber auch sein, dass mir die Gewaltdarstellung zu viel gewesen wäre). Jetzt bin ich aus dem Alter für die fünf Freunde und ihre Taschenlampe irgendwie raus.


- Maria Dries: Der Kommissar von Barfleur

Sollen wir es kurz machen?
Frau Dries sollte sich ein anderes Hobby suchen. Die Handlung ist unsinnig und wird mühselig auf Romanstärke aufgebläht. Das Opfer, das wir pausenlos bemitleiden sollen, ist einfach ein (sorry) kleines Arschloch, das am Ende auch noch gerettet wird. Und dann wird ständig über die Landschaft und das Essen geschwärmt. Ein wirklich schwacher Touristenkrimi.


- Robert Galbraith: The Silkworm

Vom Vorgängerbuch The Cuckoo's Calling war ich ja ziemlich begeistert. Auf den zweiten Band (von J.K. Rowling unter dem Pseudonym Galbraith) um den kriegsversehrten und beziehungsgeschädigten Detektiv Strike und seine ambitionierte Mitarbeiterin Robin hab ich mich also wirklich gefreut. Vielleicht war das zu viel Erwartungshaltung, vielleicht ist das Buch wirklich schwächer, jedenfalls reicht es im meinen Augen doch nicht so ganz an seinen Vorgänger heran.
Noch überraschender, weil der Kriminalfall nicht im Mode- und Model-Business spielt, sondern in der Welt der Verleger und Autoren. Das sollte mich ja an sich schon mehr interessieren als ein Haufen koksender Kids und trendiger Fotografen, aber irgendwie tat es das nicht. Im ersten Buch kommt immer stückweise ein bisschen trübe oder schockierende Wahrheit mehr an die Oberfläche, hier plätschert die Ermittlung vergleichsweise träge dahin. Über die beiden Hauptpersonen erfährt man auch nicht viel Neues – Strike trauert seiner wunderschönen, aber bescheuerten großen Liebe nach, und Robin muss damit klar kommen, dass ihr Verlobter ihren Job nicht mag und auf ihren Chef eifersüchtig ist.

Da Frau Rowling nun mal wirklich gut schreiben kann, ist es trotzdem nett zu lesen. Aber ich hab den Verdacht, dass es mir mit künftigen Bänden gehen wird wie mit Harry Potter: Die Bücher dehnen zu wenig Handlung auf zu viele Seiten aus, aber ich lese sie alle, weil ich die Atmosphäre und die Charaktere so gerne mag.


- Hermann Rambach: Bleibach

Eine Chronik meiner derzeitigen Heimat aus dem Jahre 1978. Durchaus informativ, nur leider geht der Autor davon aus, dass der Leser schon weiß, wo welches Haus steht und wie welcher Hof oder Wohnplatz heißt. Ein Lageplan hätte mir die Lektüre sehr versüßt. Außerdem hätte ich mir mehr Einzelheiten über die Gebäude im Dorf erhofft. Dass viele alte Höfe abgerissen wurden, ist mir schon aufgefallen, aber wie alt waren sie eigentlich? Und wer hat die hübschen Gründerzeitvillen entworfen? Darüber steht leider nichts drin.
Mir als Sprach-Nörgler ist natürlich auch noch aufgefallen, dass dem Autor etliche badische Schnitzer unterlaufen sind. „Besser wie“ statt „besser als“ oder „sie hingen die Glocke auf“ statt „sie hängten die Glocke auf“ in einem gedruckten Text zu finden tut mir einfach immer ein bisschen weh.


















- William Maltese: Dessous zum Sterben

Auch ein schönes Cover! Der Blick!
Also - wenn im ersten Satz schon das Wort Penis vorkommt, erwartet man ja schon dies und das. 
William Maltese ist offenbar ein Experte für Homo- und Heteroerotik, aber „Dessous zum Sterben“ ist im Großen und Ganzen höchstens ein bisschen erotisch und kaum pornografisch, sondern einfach ein intelligenter, amüsanter Krimi. Nachdem eine Größe im New Yorker Travestiemilieu und ein Fernsehmoderator ermordet und jeweils nur mit einem Seidenslip bekleidet aufgefunden wurden, gerät der Edel-Unterwäsche-Designer Stud Draqual ins Visier der Polizei und der Mafia. Außerdem muss er sich noch mit seiner Psychotherapeutin auseinander setzen, die sein später auch freiwilliges Engagement in diesem Kriminalfall für eine weitere Manifestation unterdrückter homoerotischer Wünsche hält. Locker und flockig geschrieben wartet das Buch auch mit (zumindest für uns Mädels durchaus interessanten) Einblicken in die männliche Wahrnehmung des eigenen Körpers auf.

5 Kommentare:

  1. Mir verschlägt es ja eher selten mal die Sprache, aber momentan sitze ich hier und schaue vermutlich recht blöde drein.
    Wann liest Du die ganzen Bücher neben dem dem üblichen Alltagskram?
    Ich bin schwer beeindruckt!
    Schönen Abend noch
    Edith

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    1. Ja, nee, also so wild ist das auch nicht. ;-)
      Ich gucke wenig Fernsehen oder DVDs und lese halt stattdessen abends - da hat man ein Taschenbuch schnell durch. Zumindest im Winter. Mnachmal nehm ich mir auch was zu lesen für die tägliche Stunde Fahrt im Zug mit... und so kommt das dann zusammen. :)

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  2. Ich lese im Moment auch den "Ocean at the end of the lane". Ich mag Neil Gaiman einfach, und ich liebe die irren Charaktere. Allerdings- der Junge ist sieben? Ich habe offensichtlich sehr aufmerksam gelesen, denn ich dachte auch er sei etwas älter. Allerdings habe ich auch schon eine Weile nicht mehr darin gelesen, denn wenn ich schreibe "Ich lese im Moment" heisst das dass ich das Buch vor Ewigkeiten angefangen habe und immer mal wieder drin lese ;-) Egal.Jedenfalls mag ich es.
    Sehr super und ganz kurz mit mit wunderbar irren Bildern ist "Fortunately the Milk", ebenfalls von N.G. Ich habe es mal den Kindern vorgelesen (bzw Simultanübersetzt), und sie haben sich nicht mehr halten können vor lachen :-)

    Liebe Grüße
    Katha

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    1. Man stellt sich den aber auch automatisch älter vor! Das steht am Anfang mal, dass der 7 ist, und kommt später auch noch vor, aber mein Hirn hat auch ständig wieder auf "der Junge ist ungefähr 11" umgestellt. ;-)
      Fortunately the Milk gefällt mir allein von Namen her schon sehr gut. Werd ich mir mal angucken! =)

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  3. Hihi, deine Aussage über die Bücher von Frau Rowling deckt sich 1:1 mit meiner :D (wobei ich den Ruf des Kuckucks auch nur ganz okay fand, aber Krimis sind einfach überhaupt nicht mein Genre).

    Die meisten Bücher von Neil Gaiman finde ich ganz nett, aber den "Sternwanderer" liebeliebeliebe ich <3

    Und Umgangssprache bzw. grammatische Schnitzer in Büchern nerven mich auch. Am allerschlimmsten ist "gewunken". Ich fürchte zwar, dass das auf lange Sicht "gewinkt" verdrängen wird, aber ich finde das so grauenvoll *gg*

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