Montag, 2. März 2015

Lesefutter Februar

Na, so richtig viele Bücher waren das ja dieses Mal nicht, was?
Tztztz.
Allerdings hab ich zu Etta & Otto & Russell & James ja schon extra was geschrieben, und Quo vadis? ist echt ein ziemlich dicker Wälzer.

Aber zunächst ein paar Hühner...























Betty MacDonald: Das Ei und ich

Ein Grabbelkistenfund. Das Buch muss in den 40er und 50er Jahren recht populär gewesen sein und wurde auch erfolgreich verfilmt. Betty MacDonald schreibt autobiographisch über ihre erste, später gescheiterte Ehe mit Bob, mit dem sie in den 20er Jahren in den Bergen Washingtons, also an der nassen nördlichen Westküste der USA, eine Hühnerfarm aufbaut. Das war immer sein Traum, aber nicht ihrer, und die gerade 18jährige tut sich schwer mit den Hühnern, den Nachbarn, dem Leben ohne Elektrizität und fließendem Wasser und vor allem mit der Einsamkeit in der abgeschiedenen Gegend.
Das ist überwiegend sehr lustig und offenherzig geschrieben und könnte ein richtig nettes Buch sein, wenn sich die Autorin nicht ganz so sehr für was Besseres als ihre sämtlichen Nachbarn halten würde. Vor allem ihre Darstellung der Indianer fand ich unerträglich. Ich glaube ihr ja leider, dass viele Indianer, die sie da getroffen hat, dumpfe und gewalttätige Alkoholiker waren, aber wenn man sich als Weiße dafür schon nicht irgendwie mitverantwortlich fühlt, könnte man doch zumindest ein bisschen Mitgefühl haben, statt einfach pauschal zu unterstellen, Indianer wären halt so. Von geistig Behinderten spricht sie auch nicht gerade mit liebevollem Verständnis. Ziemlich herzlose Tante.
Das versaut einem die Sache natürlich schon.
Geht zurück in die Kiste.























Henryk Sienkiewcz: Quo vadis?

Wie gesagt: ein Wälzer und irgendwie auch ein richtiger Schinken.
Mit Entführungen, Verfolgungen, Liebesgeschichte und überhaupt sehr viel Dramatik. Die Handlung spielt im Rom zu Zeiten des Kaisers Nero. Der junge Tribun Vinicius verliebt sich in das Mädchen Lygia, die Christin ist. Als das Gerücht aufkommt, dass der geistesgestörte Kaiser selbst die Stadt anzünden ließ, droht ein Volksaufstand. Um dem zu entgehen, schiebt Nero die Schuld den Christen in die Schuhe und lässt Tausende in der Arena zur „Vergeltung“ und vor allem auch zur Volksbelustigung öffentlich foltern und hinrichten. Trotzdem kann er weder die neue Religion auslöschen noch sich selbst retten.

Das Buch ist von 1895 und lag mir in einer Übersetzung aus dem Jahre 1910 vor. Vielleicht wirkte deswegen die Sprache hier und da ein wenig holperig-gedrechselt, aber das tut dem Lesevergnügen kaum Abbruch.
Das Buch ist nämlich wirklich ziemlich spannend. Nicht nur, weil ständig so viel los ist, sondern auch, weil der Autor viel Liebe und Mühe auf die Darstellung des Seelenlebens der einzelnen Charaktere verwendet. Man begreift, warum jeder so und nicht anders handelt, oder warum der eine sich ändert und der andere nicht. Da ist auch keiner nur gut oder nur böse. Wirklich nicht schlecht gemacht.
Außerdem hat sich der Autor sehr intensiv mit dem alten Rom beschäftigt und schildert wunderbar anschaulich den Alltag der extrem gut betuchten Oberschicht, inklusive Orgien und Festen, bei denen geradezu abstoßend verschwenderisch gefeiert wird. Alles natürlich auf dem Rücken der einfachen Leute und vor allem der gänzlich rechtlosen Sklaven, ohne die so ein System nicht mal ansatzweise funktioniert hätte. Genau so anschaulich erleben wir allerdings auch mit, wenn die Christen massenweise zu Tode gefoltert werden. Natürlich auch Frauen, alte Leute und kleine Kinder. Das ist ehrlich gesagt ganz schön heftig.
Lustig fand ich dagegen, warum der Schöngeist Petronius das Prinzip der christlichen Nächstenliebe zwar irgendwie ganz süß findet, für sich persönlich aber ablehnt:
"In Rom leben mindestens hunderttausend Menschen, die schiefe Schultern, dicke Knie, magere Waden, große runde Augen und zu große Köpfe haben. Und diese soll ich auch lieben?"

Alles in allem schon ein beeindruckendes Buch. Und so ein schöner Einband - Petronius würde verstehen, dass ich es allein deswegen schon behalten muss.

7 Kommentare:

  1. Hat die "Hühner- Fee" letztlich ihren Farmer kräftig gerupft und damit den Sprung in die angeblich bessere Gesellschaft geschafft oder hat sie aus eigener Kraft etwas erreicht? Vermutlich hat ein anderer Mann mit dem Scheckheft gewedelt und so ihr Herz erobert....
    Ich denke, in der Zeit der Entstehung des Buches, sind Indianer und andere Minderheiten allgemein eher abwertend beurteilt worden. Ein anderes Bewusstsein hat sich erst sehr viel später ganz langsam entwickelt.Ganz gleich, wo sich "Eroberer" niedergelassen haben, für die Ureinwohner war das nie wirklich vorteilhaft.
    Ich habe auch Quo vadis nicht gelesen, denke aber, dass jede Zeit ihre Bösewichte hatte/hat.
    Was bleibt, ist immer die Hoffnung auf Besserung.
    Edith

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    1. Nein, sie hat ihren ersten Mann verlassen, die beiden Töchter erstmal alleine versorgt und mit Mitte 30 noch mal geheiratet. Dann hat sie angefangen zu schreiben (was natürlich schon irgendwie darauf schließen lässt, dass der Mann etwas mehr Geld als der erste hatte, denn zum Schreiben braucht man bekanntlich Zeit) und war damit sehr erfolgreich, bis sie relativ jung an Krebs gestorben ist.

      Stimmt natürlich, wenn man bedenkt, was in Deutschland in den 40er Jahren mit Minderheiten gemacht wurde, ist das vergleichsweise harmlos.
      Trotzdem gab es damals auch schon genug Leute, die anders und besser mit Menschen anderer Hautfarbe umgegangen sind. Und von jemanden, der sich - wie Mrs. MacDonald - wegen seiner Bildung über seine Mitmenschen erhebt, erwarte ich schon mehr als "ich mag die nicht, weil die alle dreckig sind, ihre Frauen prügeln und saufen".

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    2. Vielleicht hast Du mich missverstanden. Ich nehme Mrs .Mac Donald keinesfalls in Schutz, nur weil andere sich auch nicht besser verhalten haben. Und ich habe dabei nicht nur an Deutschland gedacht. Was hat man den Ureinwohnern von Australien, Neuseeland und, und, und angetan?
      Die zivilisierten Europäer haben sich doch vielfach nicht nur mit Ruhm bekleckert.

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    3. Nee, so hatte ich dich auch nicht verstanden. :)
      Da hast du allerdings völlig Recht!

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  2. Och, so gedrechselte Sprache um 1900 finde ich eigentlich sehr hübsch :D . Ich meine, es gibt nicht nur alte Wörter wie "Federfuchser" sondern auch alte Satzkonstruktionen, die nicht mehr so gebräuchlich sind :-).

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    1. Ja, mag ich an sich auch. Aber in dem Buch wirken die Sätze manchmal wie nicht ganz richtig zusammen gesetzt. Ich denke, dass das an der Übersetzung aus dem Polnischen in Kombination mit dem heutzutage schon etwas altmodisch wirkenden Deutsch liegt.

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  3. "Quo Vadis" war übrigens auch eine der ersten Literaturverfilmungen: 1912, 100 min. Die restaurierte Fassung steht auf YT :)

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