Ich hab heute drei Bücher von Schritstellern aus Dänemark, Schweden und Island für euch.
Gunnar Gunnarson: Advent im Hochgebirge
Gunnarson war ein isländischer Schriftsteller, der von 1889 bis 1975 gelebt hat. Ähnlich wie Hamsun war er ein Arme-Leute-Kind vom Land und hat nur die Volksschule besucht. Ich bin immer sehr beeindruckt, wenn jemand aus so bescheidenen Verhältnissen ein „richtiger“ Schriftsteller wird. Das ist so ähnlich wie vom Tellerwäscher zum Millionär, nur dass mich Millionäre eben nicht so beeindrucken. Und Glück haben hilft da auch nicht viel, denn zum ernsthaftem Bücherschreiben braucht man Talent, Geduld und viel Fleiß. Das brauchen reiche Kinder, die eine gute Schule besuchen, studieren und Papas Privatbibliothek benutzen können, natürlich auch, aber trotzdem haben die einfach den leichteren Start.
Außerdem hab ich den Eindruck, dass „einfache“ Leute auch oft eine einfache Sprache schreiben. Klar, ruhig, schön. Und das muss man erstmal hinkriegen – kunstvolle Schachtelsätze mit versteckten Bezügen, die nur der Bildungsbürger bemerkt und versteht, sind auch mal nett, aber ich schätze das Schlichte doch mehr.
Der „Advent im Hochgebirge“ ist so ein schlichtes Buch. Ein älterer Hirte sucht auf Island im Dezember die Schafe, die sich in den Bergen verirrt haben. Island im Dezember heißt Kälte, Schnee, Dunkelheit, Einsamkeit. Der Mann hat einen Hund und einen Schafbock dabei und ist sonst ganz auf sich gestellt. Der Bezug zum Guten Hirten aus der Bibel ist dabei ganz offensichtlich und beabsichtigt, aber Gunnarson nervt den Leser weder durch Bekehrungseifer noch durch Belehrungen. Er beschreibt eigentlich nur, was der Hirte erlebt, und das macht er großartig.
Man merkt, dass er sich nicht ausdenkt, wie es ist, nach langer Wanderung im Dunkeln eine Schutzhütte, die eigentlich nur ein Erdloch ist, unter der Schneedecke finden zu müssen. Der hat das selber erlebt.
Für mich ganz klar eins der besten Bücher, die ich bis jetzt gelesen habe.
Wer das auch lesen möchte, kann es für wenig Geld als Reclam-Heft erwerben. Die letzte Auflage ist noch gar nicht lange her.
Aage Kohl: Der Weg durch die Nacht
Kohl, oder auch von Kohl, hat von 1877 bis 1946 gelebt und war Däne. Viel mehr verrät uns der Wikipedia-Eintrag über ihn nicht.
Außerdem hab ich den Eindruck, dass „einfache“ Leute auch oft eine einfache Sprache schreiben. Klar, ruhig, schön. Und das muss man erstmal hinkriegen – kunstvolle Schachtelsätze mit versteckten Bezügen, die nur der Bildungsbürger bemerkt und versteht, sind auch mal nett, aber ich schätze das Schlichte doch mehr.
Der „Advent im Hochgebirge“ ist so ein schlichtes Buch. Ein älterer Hirte sucht auf Island im Dezember die Schafe, die sich in den Bergen verirrt haben. Island im Dezember heißt Kälte, Schnee, Dunkelheit, Einsamkeit. Der Mann hat einen Hund und einen Schafbock dabei und ist sonst ganz auf sich gestellt. Der Bezug zum Guten Hirten aus der Bibel ist dabei ganz offensichtlich und beabsichtigt, aber Gunnarson nervt den Leser weder durch Bekehrungseifer noch durch Belehrungen. Er beschreibt eigentlich nur, was der Hirte erlebt, und das macht er großartig.
Man merkt, dass er sich nicht ausdenkt, wie es ist, nach langer Wanderung im Dunkeln eine Schutzhütte, die eigentlich nur ein Erdloch ist, unter der Schneedecke finden zu müssen. Der hat das selber erlebt.
Für mich ganz klar eins der besten Bücher, die ich bis jetzt gelesen habe.
Wer das auch lesen möchte, kann es für wenig Geld als Reclam-Heft erwerben. Die letzte Auflage ist noch gar nicht lange her.
Aage Kohl: Der Weg durch die Nacht
Kohl, oder auch von Kohl, hat von 1877 bis 1946 gelebt und war Däne. Viel mehr verrät uns der Wikipedia-Eintrag über ihn nicht.
Das Buch beginnt gelinde gesagt seltsam. Ein Mann sitzt abends auf einem Friedhof und hat schreckliche, grauenhafte Halluzinationen. Ich dachte erst, dass das Buch eine Art Horrorgeschichte ist. Ist es aber nicht, es ist ein psychologischer Roman. Der Mann hat seine über alles geliebte Frau durch einen brutalen Mord verloren und kommt seitdem mit dem Leben nicht mehr zurecht. Zuerst will er das das Geschehen nicht wahrhaben, dann verrennt er sich in wildem Hass auf den Mörder, auf Gott und die Welt, hat unerträgliche Schuldgefühle, resigniert und versucht vergeblich, seinen Gefühlen kühl und abgeklärt zu begegnen, bis er schließlich vor dem Mörder seiner Frau steht.
Der Leser erhält im Laufe der Erzählung außer Mitleid und einem gewissen Gruseln über so abgrundtiefe Verzweiflung auch den deutlichen Eindruck, dass der Protagonist auch zu Lebzeiten seiner Frau schon ein etwas spezieller Charakter gewesen sein muss. Möglicherweise war sie mit ihm gar nicht ganz so glücklich, wie er glaubt.
Das Buch ist nicht schlecht, aber auch nicht ausgezeichnet. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass der Autor sehr viel über psychische Störungen gelesen hat und sich auch ganz gut in eine kranke Seele hineinversetzen kann, aber insgesamt fehlt mir doch die letzte Überzeugungskraft.
Interessantes Detail: Offenbar gab es den Ausdruck „up to date“ bereits 1912 im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch. Hätte ich nicht gedacht.
Das Buch dagegen ist vergriffen und nur noch antiquarisch erhältlich.
August Strindberg: Die Leute auf Hemsö
Strindberg (1849-1912) ist auch so einer, von dem ich noch nie was gelesen hatte, obwohl er so berühmt ist. Den hatte ich undeutlich in die Problem-Ecke gestellt. Da ist er auch nicht ganz falsch. Der Mann hat an seinem Privatleben sehr gelitten und war zeitweise psychisch ziemlich schwer krank. So was spiegelt sich dann natürlich im Schreiben wider.
„Die Leute auf Hemsö“ entstand aber schon 1887. Da ging es ihm noch relativ gut.
Hemsö ist ein etwas herunter gekommener Hof auf einer kleinen schwedischen Insel. Die verwitwete Bäuerin stellt einen neuen Knecht ein, der zwar nicht so gerne arbeitet, aber gerne Bauer werden würde. Das gefällt natürlich dem fast erwachsenen Sohn nicht. Trotzdem heiratet die Bäuerin den Knecht irgendwann, obwohl sie schon weiß, dass der Knecht heimlich mit einer jungen Magd anbandelt. Im Großen und Ganzen ist das keine heitere und schon gar keine versöhnliche Geschichte. Alle belauern sich gegenseitig, suchen ihren eigenen Vorteil und sind eifersüchtig, gekränkt oder vom Leben enttäuscht. So was lese ich immer nicht so gerne, das macht einen ja im richtigen Leben schon fertig genug.
Trotzdem sind da ein paar echt unterhaltsame Szenen drin – den sternhagelvollen Pfarrer, der sich nicht mehr erinnern kann, dass er eigentlich bei einer Hochzeit im Hochsommer ist und dann mal auf gut Glück vor der versammelten Festgemeinde die Weihnachtsansprache vom Stapel lässt, vergisst man nicht so leicht. Ich würde sogar sagen: Das Buch zu lesen hat sich für mich wegen der wunderbar geschriebenen lustigen Stellen gelohnt.
Es ist nach wie vor erhältlich, auch in einer Version für den E-Reader.
Der sternhagelvolle Pfarrer, der die Weihnachtsansprache herunterpredigt, sehr lustig XD!
AntwortenLöschenLiebe Centi
AntwortenLöschenMir gefällt sehr, was Du über Gunnar Gunnarson geschrieben hast und ich bin vollkommen Deiner Meinung.
Ich habe mich sehr über diese Büchervorstellung gefreut.
Dir wünsche ich eine wunderschöne Adventszeit und schicke Dir liebe Grüsse
Margrith
Die Bücher klingen ja wundervoll, vor allem das von Gunnar Gunnarson. Ich glaube, das werde ich auf jeden Fall lesen. Vielen lieben Dank für die Tipps!
AntwortenLöschenMach das - selbst, wenn es dir nicht so gut gefallen sollte wie mir, ist weder viel Geld noch viel Zeit verloren gegangen. Ist ja nur ein kurzes Buch. =)
LöschenGerne doch!
Das klingt ja interessant, mal sehen, ob ich mir die Reklam-Ausgabe von Gunarsson zulege. (Oder ich hoffe darauf, eines schönen Tages in einem Antiquariat einen Glückgriff zu landen, und eine hübsche alte Ausgabe zu ergattern.)
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