Mittwoch, 7. Dezember 2016

"Anton hat kein Glück" von Lars Vasa Johansson

Vielen Dank an den Rowohlt-Verlag für das kostenlose Rezensionsexemplar, das ich über erhalten habe.
























Ehrlich gesagt war ich ja etwas skeptisch. Ich hege eine tiefverwurzelte Abneigung gegen Männer mit Zylindern, und dieser Schutzumschlag erinnert mich einfach ungut an Tim Burton.
Allerdings sieht der Autor ganz witzig aus, und ich fand den Eingangssatz im Klappentext nett:
"Ein Anruf seiner Eltern und eine E-Mail vom Elektrodiscounter sind die einzigen Glückwünsche, die die Anton zu seinem 45. Geburtstag erhält."

Und so ist es auch. Anton hat es so generell nicht ganz leicht im Leben. Seine Karriere als Berufszauberkünstler stagniert auf einem eher niedrigen Niveau, er hat keine Frau, keine Kinder, keine Freunde, nicht mal eine Eigentumswohnung – dafür sieht er regelmäßig seinen alten Jugendfreund im Fernsehen, der Antons Ex-Freundin geheiratet hat und mit ihr ganz groß rauskommt im Zaubergeschäft. Wir reden hier wohlgemerkt über ganz normale Tricks und Illusionen.
Als Anton nach einem Autounfall zu Fuß durch einen seltsamen Wald irrt, trifft er ein kleines Mädchen, das ihn bittet, ihm beim Blumensuchen zu helfen. Natürlich hat er dafür gerade gar keine Zeit. Und keine Lust. Dafür findet er wenig später ein freundliches, aber seltsames älteres Ehepaar, das in einem Waldhäuschen wohnt und ihm erzählt, er sei nun leider wegen Unfreundlichkeit gegenüber einer Waldfee mit einem Todesfluch belegt und könne dem nur durch drei magische Prüfungen entgehen. Und jetzt geht es um echte Zauberei, mit Geistern, Fabelwesen und sprechenden Wäldern. Würdet ihr das glauben? Anton natürlich auch nicht. Allerdings hat er ab jetzt so dermaßen viel Pech, dass er irgendwann entnervt aufgibt und widerwillig zur ersten Prüfung antritt.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen. Es ist unterhaltsam und spannend. Man merkt, dass der Autor Skripte für Fernsehsendungen schreibt: Aus dem Buch könnte man problemlos eine kleine Serie machen, und das ist für eine fluffige Zwischendurchlektüre gar kein schlechtes Zeugnis. Die kleinen Gags und Details am Rande sind gut gelungen und auch die Dialoge klingen überzeugend.
Anton ist einem zuerst noch recht sympathisch, im Laufe der Zeit bekommt man aber heraus, dass er immer nörgelt, immer nur an sich denkt und immer unzufrieden ist, auch wenn er selber das natürlich ganz anders sieht. Dafür bleibt Anton wunderbar lange dabei, dass es keine echte Magie gibt, obwohl er große Teile seiner Jugend mit dem Ansehen von Horrorfilmen verbracht hat, wo die Hauptfigur ja auch nie einsehen will, dass der Nachbar ein Vampir sein muss. Und als es wirklich gefährlich wird, zeigt sich auch, dass Anton im Grunde genommen doch ganz in Ordnung ist.
Andere Leute Missgeschicke haben ja immer etwas Erheiterndes, und so liest man sich gerne durch Antons Pech und Prüfungen – die er zwar nicht gerade mit Bravour, aber mit einem blauem Auge besteht.

Ich fühlte mich an Neil Gaiman erinnert, allerdings ohne dessen Widerwärtigkeiten, dafür mit mehr Humor. Leider auch mit weniger Poesie, aber das kann ja noch werden. Ich hoffe auf weitere Bücher von diesem Autor. Ein kleiner Kritikpunkt ist für mich das teilweise zu Offensichtliche – der böse Widersacher ist zu deutlich die verkörperte Depression, und Anton ändert sich zu deutlich hin zum „Guten“... eine Spur zu viel Message. Das tut aber dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Ist bei Harry Potter zum Beispiel ja ähnlich.

Das Buch ist übrigens auch sehr schick – man kann den Schutzumschlag ja abnehmen.


















Ein leises Wort des Tadels an den Verlag kann ich mir aber nicht verkneifen.
Sätze wie
"Es machte mir Spaß, mich um unsere Finanzen zu kümmern, hin und wieder nahmen aufzuschreiben"
oder
"er trug (...) einen Korb mit Pilzen, Bären- und Kiefernzapfen"
stören doch ganz erheblich.
(Bärenzapfen? Man möchte es gar nicht wissen.)
Bitte entweder den Übersetzern mehr Zeit lassen oder den Text doch noch mal dem Lektorat geben.

Trotzdem: Ein feines Buch. Wer es kaufen und z.B. zu Weihnachten verschenken möchte, wird hier fündig.

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