Ich muss das Lesefutter ein bisschen aufteilen, sonst wird es für April zu wenig (da waren zwei einzelne Buchbesprechungen dabei) und für Mai zu viel.
John Updike: A Month of Sundays
Wenn auf dem Einband steht, dass ein Buch ein New-York-Times-Bestseller war, werde ich immer misstrauisch. Das ist genau wie bei uns mit der Spiegel-Bestsellerliste. Die Leute kaufen gerne Schrott. Aber Updike ist doch ziemlich anerkannt, also dachte ich, ich kann ja mal reinschauen.
Nun ja. Schrott ist das nicht, aber so richtig toll auch nicht. Die Handlung: ein verheirateter Pfarrer mittleren Alters lässt sich auf eine Affäre mit einer Frau ein, und danach auf noch eine und dann auf alle, die er kriegen kann. Das kommt irgendwann raus, macht bei dem Beruf natürlich keinen guten Eindruck und der Pfarrer findet sich in einer Art Heilanstalt für verwirrte Pastoren wieder, wo er - genau. Golf spielt. Was sonst.
Das könnte jetzt alles sehr tragisch oder sehr lustig sein, ist aber irgendwie beides nicht. Der Typ bleibt einem trotz aller Ausführungen zu seiner Lebens- und Glaubenskrise sehr fremd. Und warum all die Frauen ihn so toll finden, kriegt man auch nicht raus. Es gibt ein paar Sexszenen, die einen (oder nur mich?) eher peinlich berühren oder etwas anekeln. Vielleicht ist der deswegen so berühmt? Sprachlich erschien mir das Ganze allerdings zugegeben recht anspruchsvoll, jedenfalls hatte ich mit meinem Englisch hier und da Schwierigkeiten.
Wiley Cash: A Land More Kind Than Home
Das Buch fand die New York Times offenbar auch großartig.
Ich hatte mir davon ja ein bisschen mehr erhofft. Das Buch spielt in den 1980er Jahren in einer Kleinstadt in North Carolina, und obwohl es so nördlich klingt, gehört das zu den Südstaaten der USA. Die Atmosphäre bringt der Autor auch nett rüber: Es ist heiß, es ist staubig, es ist ein bisschen trostlos und ganz normale Leute nehmen an den Erweckungsgottesdiensten eines durchgeknallten evangelikalen Pfarrers teil. Ein autistischer Junge stirbt bei einem Heilungsversuch in der Kirche, und die Gemeindemitglieder (inklusive der Mutter des Jungen) versuchen, die Sache zu vertuschen. Teilweise ist das Buch aus der Perspektive des kleinen Bruders des Opfers geschrieben, der fassungslos seine Welt aus den Fugen geraten sieht.
Das ist alles ziemlich großes Kino, aber irgendwie - tja. So richtig viel kommt dabei am Ende nicht raus, obwohl es zuerst ziemlich spannend ist. Und ganz einfach zu lesen. Aber sicher keine Kunst im engeren Sinne.
Eugen Ruge: Cabo de Gata
Kunst ist dann schon eher das hier.
Ein angehender Schriftsteller zieht in ein ödes Nest an der spanischen Küste in der Hoffnung, dort seiner Schreibblockade zu entkommen. Seinen Weg kreuzen ein aufdringlicher Engländer, ein schüchterner Amerikaner und schließlich eine Katze. Die Katze ist dabei mit weitem Abstand wichtiger als die Touristen.
Obwohl das Buch kein Unterhaltungsroman ist, hat es einen netten, hintergründigen Humor und liest sich ganz angenehm leicht. Viel passieren tut da zugegeben nicht, aber das was passiert, wird ganz hervorragend geschildert. Herrn Ruge werde ich mir merken.
Summer Wood: Wrecker
Das ist das Buch, das ich nur gekauft hab, weil mir der Name der Autorin gefiel.
Zum Glück, muss ich sagen, denn das ist ein tolles Buch.
Der kleine Wrecker wird von seiner alleinstehenden Mutter 1965 auf einem Spielplatz in San Francisco geboren. Drei Jahre später schlagen die drogenschweren Wellen des Summer of Love über der jungen Frau zusammen, und sie wandert für 15 Jahre ins Gefängnis. Ihr Schwager Len, der an der Nordküste Kaliforniens lebt, fühlt sich verpflichtet, den Jungen bei sich aufzunehmen, aber er ist Holzfäller und seine Frau hat kurz vorher einen bleibenden Hirnschaden erlitten: Sie können nicht auf einen Dreijährigen aufpassen, schon gar nicht auf einen, der verständlicherweise schon ein paar Probleme mitbringt.
Zum Glück gibt es die Nachbarn, eine WG aus vier ziemlich exzentrischen Leuten, die eigentlich alle genug eigene Baustellen offen haben. Trotzdem schließen die praktisch veranlagte Ruth und der Baumschmuser Johnny Appleseed den Jungen sofort in ihr Herz. Die schöne, talentierte und irgendwie unheimlich perfekte Willow bleibt eher auf Distanz, aber ausgerechnet die chaotische und eher unperfekte Melody beschließt, Wrecker als ihren Sohn aufzuziehen. Natürlich ohne sich jemals um eine Adoption zu kümmern und immer in der Sorge, was passieren wird, wenn seine "richtige" Mutter aus dem Gefängnis entlassen wird.
Summer Wood schreibt wunderbar plastisch, geradezu zum Anfassen (ich würde die Leute auf der Straße erkennen!), spannend, aber dabei einfach und heiter. Das Buch ist weder zu oberflächlich noch zu tiefschürfend, sondern einfach eine gute Geschichte darüber, wie Menschen mit Verletzungen, Verlusten, Ängsten und Schuldgefühlen fertig werden.
Mittwoch, 20. Mai 2015
1 Kommentar:
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Oh, das Buch mit den Katzen auf dem Umschlag habe ich ja dann völlig falsch eingeschätzt.
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