Montag, 27. Januar 2014

Noch ein bisschen Fasnet

Gestern wollte Blogspot ein paar Bilder nicht hochladen, die ich euch noch gerne zeigen möchte. Und außerdem wollte ich noch ein paar Worte zur schwäbisch-allemannischen Fasnet sagen. Ich bin da weiß Gott kein Experte, aber so dies und das schnappt man halt doch auf. Also, wenn jemand mitliest, der sich auskennt: Das ist nur eine kleine Zusammenfassung, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt!

Die Fasnet ist eine ziemlich straff organisierte Angelegenheit. In praktisch jedem größeren Ort gibt es eine oder mehrere Zünfte (manche nennen sich auch Cliquen), deren Mitglieder typischerweise alle eine bestimmte Figur darstellen. Da gibt es Narren mit Schellen und bemalten Gewändern, Tiere mit Pelzen und alle möglichen volkstümlichen Dämonen und Sagengestalten.
Einige Zünfte sind jahrhundertealt und haben strenge Satzungen, z.B. dürfen bei etlichen Frauen keine Mitglieder sein oder zumindest keine Maske tragen. Viele historisch aussehende Figuren sind aber Erfindungen aus den 30er Jahren, als man das teilweise sehr vom rheinischen Karneval überlagerte Brauchtum mit Nachdruck wiederbelebt hat.
Hexen-, Geister- und Teufelszünfte sind in den letzten Jahrzehnten viele gegründet worden, weil die viel Spaß haben und nicht ganz so schrecklich viel Geld ausgeben müssen.


















Häs (Kostüm) und Larve (Maske) werden nämlich von spezialisierten Schneidern und Holzschnitzern in Handarbeit hergestellt und sind demzufolge richtig teuer.
Dazu kommt noch das Material. Es gibt da eine Menge spezielle Sachen wie echte Pelze, gestärkte Halskrausen, Schneckenhäuser - alles nicht billig und alles nicht pflegeleicht.
An der Maske oben sieht man, dass die schon ein paar Jahre in Gebrauch ist. So was kauft man sich einmal und behält es dann, solange man die Fasnet mitmachen kann. Allein die Umzüge sind schon anstrengend - einige Zünfte mit strengeren Regeln bewegen sich nur in bestimmten, vorgeschriebenen Hüpfschritten fort, damit die Schellen schön bimmeln, und weil's gut aussieht. Aber macht das mal zwei, drei Kilometer lang.


















Die Kleinsten dürfen dann schon mal fahren.
An den Kostümen sieht man schon, dass auch die für die Kinder nicht einfach in die Wäsche dürfen, die müssen in die Reinigung.
Der Nachwuchsnarr hier (die Kinder in den Zünften heißen übrigens Narrensamen) darf Gutsele verteilen. Das ist ja lieb, aber die Narren sind auch immer zu Späßen aufgelegt, die das Publikum brav über sich ergehen lassen muss.























Eine Riesengummispinne ist da noch harmlos. Die Narren hauen einem Saublotere (getrocknete und aufgeblasene Schweinsblasen) um die Ohren, spritzen mit Wasser rum, stopfen einem Konfetti oder Stroh in den Kragen, malen einem das Gesicht an, und manchmal wird man sogar eingesperrt und ein Stück weit mitgenommen.
Dieses Los trifft bevorzugt junge Mädchen, weil die meisten rauhbeinigen Narren junge Burschen sind. Auch und gerade die Hexen sind sind selten weiblich!
Die Mitgeschleiften kriegen dann zum Trost was Süßes oder einen Schnaps und haben was zu erzählen.


















Bei dem Bild hier seht ihr oben am Käfig Unterkiefer von irgendwelchen Tieren hängen. Vieles an der Fasnet ist definitiv gruselig oder derb. Die Dämonen sehen oft wirklich zum Fürchten aus, und sie schleifen auch schon mal einen alten Tierknochen mit Fleischresten hinter sich her.
Die Messkircher Katzenzunft trägt echte Katzenfelle (mit Köpfen dran!) um den Hals.
Die Fasnetsrufe und -gesänge sind teilweise nicht gerade zitierfähig... und natürlich wird hier und da auch mehr getrunken, als gut ist.

Ich als die ewige Zugezogene hab natürlich an der Fasnet nie aktiv teilgenommen, aber einen netten Umzug wie gestern bei uns in Bleibach schaue ich mir gerne mal an.
Wer das noch nie erlebt hat und die Gelegenheit hat, sollte sich das auf jeden Fall anschauen.

8 Kommentare:

  1. Das hast du schön erklärt.
    Und wenn die Fasnet vor der Haustür tobt, muss man einfach hingehen.

    Liebe Grüße
    Nula

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  2. Jo, so eine Fasnet würde ich mir auch mal gerne ansehen. Danke für den schönen Bericht :-).

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  3. Super Erkläuterungen!!! (Mixtur aus Erklärung und Erläuterung)

    Danke

    Gruß, L(I.)

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  4. Uah, also bei Katzenfellen etc. würde ich ja dankend ablehnen, das geht für mich gar nicht. (Vielen Dank an dieser Stelle, dass es davon kein Foto gibt!) Als ob Frauendiskriminierung bei manchen Zünften nicht schon genug Kopfschütteln auslösen würde... (Ich stelle mir übrigens auch den Vegetarier/Veganer vor, der die Schweinsblase um die Ohren kriegt... Prost Mahlzeit.)
    So schön ich manches "überlieferte Kulturgut" und Handwerkskunst auch finde, irgendwo hört's dann auch bei mir mal auf, dabei bin ich sonst gerne für so ziemlich alles morbide zu haben. Na ja, zum Glück muss man ja nicht alles gut finden. ;)

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    1. Die mit den Katzenfellen waren auch nicht da - das ist für mich aber auch ein Fall von falsch verstandener Brauchtumspflege.

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  5. Danke für den Bericht und die Fotos! :-) Ich finde solches Brauchtum immer sehr spannend, seh es mit dem Kopfschütteln aber wie ratternderuby - auf Schweinsblasen und Frauen, die nicht mitmachen dürfen, könnte ich auch verzichten.

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  6. Jetzt, wo ich mehr darüber gelesen habe, macht es mir die Fasnet nicht gerade sympathischer, aber gut... Geschmäcker sind verschieden und ich hab wieder was gelernt. :)

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  7. Wieder schöne Fotos und informative Erklärung. Eigentlich bin ich ja schon lange nur "stiller Mitleser". Aber....
    Kopfschütteln an die Frauen hier, die sich über Frauendiskreminierung aufregen. Bitte meine Damen, was habt ihr bisher dafür getan- Ich kann von mir sagen, ich bin deswegen reichlich auf Demonstrationen und in Petitionen gewesen. Seit 1977 darf man erst ohne Einwilligung des Ehemanns, einen Job nachgehen, von "wilder" Ehe mal ganz zu schweigen usw.. und ihr regt Euch darüber auf, nicht öffentlich als Narr rumrennen zu dürfen? Da steht man als emanzipierte Frau wohl drüber*gg*, denn diese Fasnettradition kommt ja nun wirklich aus eine ganz anderen Zeit.
    LG Gabi

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