Montag, 26. September 2016

„Es muss brennen“ von Mart Schreiber























Kurz zum Äußeren: Das Cover sieht schick aus und passt prächtig zum Titel, allerdings ist die Papierqualität des Umschlags ein bisschen zu dünn geraten. 

Das Buch enthält zwei topaktuelle Kurzgeschichten zum Thema Asyl aus Wien.

Protagonist Nr. 1 ist Dominik, ein Jurastudent, der noch bei Mutti wohnt. Er hat gerade eine neue Freundin und ist schwer verliebt. Das Studium läuft prima, abends trifft er sich gerne mit zwei alten Kumpels zum Sport. Mit den beiden kann man zwar nicht über Politik reden, sprich, sie sind sehr rechts eingestellt - aber so zum Joggengehen langt’s. Also alles bestens, bis eines Tages seine jüngere Schwester Opfer einer versuchten Vergewaltigung wird. Die Täter sind drei jugendliche Asylbewerber. Weil sich Dominiks Schwester einem Prozess nicht gewachsen fühlt, drohen die drei straffrei auszugehen. Das will Dominik nicht einfach so akzeptieren. Er hat noch nie jemanden verprügelt, aber diese Typen hätten es doch echt verdient. Seine linksliberale Freundin dürfte natürlich nie was von seinen Plänen erfahren, aber seine Sportsfreunde sind hellauf begeistert.


Der Held der zweiten Geschichte ist Gustav, ein relativ erfolgreicher Unternehmensberater mit einer relativ gut funktionierenden, aber unverbindlichen Beziehung. Als er in Eile auf dem Weg zu einem Termin zwei Hundert-Euro-Scheine verliert, trägt sie ihm ein kleiner Junge hinterher. Gustav gibt ihm seine Visitenkarte, weil er kein kleineres Geld als Finderlohn dabei hat. Wie sich herausstellt, ist der Junge der Sohn einer Flüchtlingsfamilie aus dem Irak, der die Abschiebung droht. Obwohl seine Freundin strikt dagegen ist, beschließt Gustav, den Leuten zu helfen und nimmt sie vorübergehend in sein Haus auf.

Beide Geschichten sind recht spannend, wobei ich die erste besser gelungen finde als die zweite. Die jeweilige Hauptfigur wirkt ziemlich echt, wenngleich ich mir einen etwas tieferen Einblick in deren Gedankenwelt gewünscht hätte. Beide sind doch sehr angepasste, streberhafte Knaben, die eigentlich wohl eher mal nicht zu Extremen neigen. Warum setzt dann Dominik seine taufrische Beziehung und seine Karriere aufs Spiel, wenn seine Schwester den Angriff doch ganz gut zu verkraften scheint? Auch wenn er sich nicht immer so ganz im Griff hat und sein Rechtsgefühl verletzt ist, wäre ein Typ wie er in der Realität da nicht einfach viel vorsichtiger? Und warum lässt Gustav eine wildfremde Familie mit in seinem Haus leben? Trotz Mitleid, vage erwachendem väterlichen Gefühl und möglicherweise einer gewissen Überdrüssigkeit mit seiner Lebenssituation – da fehlt mir noch ein bisschen Substanz. Etwas zu glatt finde ich auch, wie Gustav und die Flüchtlingsfamilie zusammenleben. Im richtigen Leben gäbe es da garantiert Reibereien oder Missverständnisse.
Die Randfiguren bleiben immer etwas stereotyp, die Orte der Handlung werden leider kaum oder gar nicht beschrieben, und hier und da klingen auch die Dialoge noch ein bisschen künstlich. 


Trotzdem liest sich das Büchlein leicht und schnell und regt den Leser vielleicht auch zum Nachdenken an. 
Ich fände es ganz geeignet als Schullektüre für die Oberstufe zu einem aktuellen Thema. Man könnte prima darüber diskutieren.

Das Buch ist hier bestellbar. Vielen Dank an den Verlag für das Renzensionsexemplar und an für die Vermittlung.

1 Kommentar:

  1. Das Buch klingt spannend und ist sicher toll, wenn man etwas aktiver über eine Geschichte nachdenken möchte. Ich könnte mir das wie du auch sehr gut als Lektüre für die Oberstufe vorstellen, so nach dem ersten Eindruck :)

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