Freitag, 27. März 2015

Der Tod in Berlin























Um es gleich vorweg zu nehmen: Den bärtigen Engel hab ich nicht gefunden. Aber andere interessante Sachen.

Eins ist sicher: Im 19. Jahrhundert war in Berlin richtig viel Geld zuhause, und das wurde gerne ausgegeben. Auch für Friedhöfe und Kirchen.
Wer auf Neogotik, Neoromanik, Neoklassizismus und den morbiden Reiz bombastischer Grabstätten steht, der kann fündig werden.

Dieser segnende Christus aus weißem Marmor steht auf dem Segenskirchhof in Weißensee.

Da gab es noch was Spezielles, was ich mich leider nicht getraut hab, zu fotografieren, weil da gerade eifrig renoviert wurde: Einen Warteraum.  
Einen Warteraum.

Ich meine - sind wir da nicht irgendwie alle schon...?























Ein Stück weiter ein großer Glockenturm in mittlerem Erhaltungszustand.
Ich hab mich schlau gemacht: das ist der Rest der im Krieg zerbombten Bethanienkirche. Gehört seit Jahren einem Architekten, der wohl noch überlegt, was er draus machen soll. Oder wer ihm Geld dafür gibt.


















Nächster Friedhof, ganz in der Nähe:
Der Georgen-Parochial-Friedhof III. Ja, mit diesem etwas ungelenk über die Zunge gleitenden Namen gibt es insgesamt fünf Friedhöfe in Berlin.

Die haben sogar schmiedeeiserne Gitter für den Pflanzenabfall! Verrostet, und Eimer aus Maschendraht für den Plastikmüll daneben, aber an sich sind die Gitter echt hübsch.























Die Aussegnungshalle sieht für mein Auge schon fast ein bisschen osteuropäisch aus. Jedenfalls ein sehr gelungenes Gebäude.
Die beiden Friedhöfe überzeugen auch durch den schönen alten Baumbestand.


















Und so was hab ich überhaupt noch nie gesehen: Hier bringt jeder seine eigene Gießkanne mit und bindet sie mit einem Fahrradschloss fest.
Ich kenne Friedhofsgießkannen nur als Gemeinschaftseigentum... und da musste ich nun in den Osten fahren um einen Hort von gesicherten Privatkannen zu finden. Immerhin - hübsch bunt.
(Nee. Hat vermutlich nichts mit dem geschichtlichen Hintergrund zu tun, sondern damit, dass in Großstädten mehr geklaut wird.)


















Diese hübsche Dame trauert auf Georgen-Parochial I.

Da ließen sich Berliner mit noch deutlich mehr Kohle begraben. Und lassen immer noch, ist alles in Betrieb, nur lebensgroße Marmorfrauen leistet sich halt heutzutage keiner mehr.



















Das hier ist auch ziemlich toll. Ein Engel, der einen Steinsarg öffnet (oder schließt), unter einer auf- (oder unter-)gehenden Sonne.
Zerfällt leider schon arg. Wer 30.000 Euro zu viel hat, kann es instandsetzen lassen


















Weil das nur wenige Leute machen und die Stadt ja schon mit den Gehwegen überfordert ist (ich sag ja gar nicht das F-Wort "Flughafen"), ist für die weniger spektakulären Grabmale natürlich erst recht kein Geld da. 


















Das wirkt hier und da dann auch nicht mehr pittoresk, sondern traurig bis makaber. An einer Stelle hatte jemand gegraben... vermutlich ein Fuchs. Hoffe ich.
Der Friedhof direkt dahinter ist stillgelegt und wurde zu einem Park mit Spielplatz umgestaltet. Gar keine so schlechte Lösung. Auf jeden Fall besser als verfallen lassen oder zubauen.
Die Kinder lernen vielleicht, dass ein Friedhof nichts zum Angsthaben ist, und für Füchse ist auch wieder Platz. Wenn jemand zufällig ausgegrabenes Gebein dann bitte wieder pietätvoll einbuddelt.

Zurück zu Georgen-Parochial I.


















Ich bin schwer in Versuchung, das Foto als Papierabzug zu bestellen und gerahmt in mein Büro zu hängen.


















Und wer dann gar nicht mehr wusste, wohin mit den Moneten, der ließ sich einen griechischen Tempel als Familiengrab bauen. Holla die Waldfee.
Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass Beerdigungen damals noch richtig Spaß gemacht haben müssen.























Noch mehr Schmiedeeisen, hier in gut erhalten.


















Ziemlich süß find ich diese beiden Fabelwesen. Mal keine Engel.























Gegenüber steht die St-Bartholomäus-Kirche. Nicht klein, aber von den Hochhäusern deutlich überragt.

15 Kommentare:

  1. ..."sie ruhen von der Arbeit". LOL Aber damals meinten die das ja ernst. Schon interessant, wie in fast 150 Jahren sich die Denkweise der Menschen ändert.

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  2. Huch, ich als passionierte Friedhofgängerin war schon auf sämtlichen Wiener Friedhöfen, auch den exotischsten, aber noch auf keinem in Berlin. Da muss ich wohl mal wieder hin, so ein imposanter Totenkult!
    Danke fürs Mitnehmen & ein schönes Wochenende!
    Astrid

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    1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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    2. In Wien war ich schon auf den Friedhöfen, aber die Berliner sollte ich mir noch anschauen, bevor ich da wegziehe XD.

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    3. In Wien muss es ja ganz, ganz tolle Friedhöfe geben. Ich hab da schon oft Fotos von gesehen und war ganz begeistert. :-)

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  3. Ach schade, dass Du nicht auf den Friedhöfen an der Bergmannstr. in Kreuzberg gewesen bist. Dort hättest Du auch den Geflügelten mit Bart und andere wunderschöne Grabmäler gefunden.
    Hier gibt es noch viele beeindruckende Friedhöfe in Mitte, Charlottenburg z.B.
    Tolle Fotos!
    Grüße aus dem dicken B.!
    franka

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    1. Echt? Klasse, Danke für den Tipp! Wenn ich noch mal nach Berlin komme (was gut möglich ist), muss ich da unbedingt hin. =)

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  4. P.S. Angeschlossene Gießkannen - hier usus, auch im Westteil ;)
    franka

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  5. Ich wäre nie zielstrebig auf einen Friedhof gegangen, bin allerdings beeindruckt von den sehr interessanten Objekten, die Du mit der Kamera eingefangen hast. Von Schmiedeeisen als Tor o.a. bin ich stets beeindruckt. Wie viel Kraft und Fantasie sind in solche Kunstwerke eingeflossen, echt toll! Heute kann man sich sowas gar nicht mehr leisten. Schade, dass soviel alte Substanz vergammelt.
    Schönes Wochenende
    Edith

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    1. Ich mag Friedhöfe, vor allem die mit vielen Bäumen und alten Figuren. Da ist es so schön still und friedlich. Ich finde das irgendwie tröstlich.
      Ja, diese Schmiedeeisengitter sind noch echte Handwerkskunst. Schon schade, wenn sie einfach wegrosten.

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  6. Was für schöne Fotos! Irgendwann muss ich wohl auch mal Berliner Friedhöfe unsicher machen, habe ich den Eindruck. Oder überhaupt mal wieder Friedhöfe.
    Falls du mal in Stuttgart unterwegs bist: Der Pragfriedhof hat auch viele schöne Engel zu bieten. :)

    Ganz besonders haben es mir aber die angeketteten Gießkannen angetan: So ein fröhlicher Farbklecks im Früh-Frühling ist einfach toll!
    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!

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  7. Beim ersten Überfliegen hat mein Gehirn aus Neoromanik frecherweise einfach Nekromantik gemacht... Nichtsdestotrotz, wunderschöne Bilder!

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  8. "Wenn jemand zufällig ausgegrabenes Gebein dann bitte wieder pietätvoll einbuddelt."
    :D

    Ein toller Rundgang, so schöne Bilder und tolle Ansichten von dir, da machen Reiseberichte Spaß ;)
    Die abgeschlossenen Gießkannen sind ja ulkig, habe ich auch noch nie gesehen, bei uns in der Kleinstadt gibt es auch nur Gemeinschaftskannen.

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